Psychologischer Psychotherapeut
Ein Psychologischer Psychotherapeut (PP) ist in Deutschland ein Psychologe, der nach dem mit Diplom oder Master abgeschlossenem Psychologiestudium eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) abgeschlossen und die Approbation, die Befähigung zur eigenständigen Durchführung von Psychotherapie, erhalten hat. Psychologische Psychotherapeuten arbeiten meist in Kliniken oder in eigener Praxis.
Rechtsbasis und Formen
Psychologische Psychotherapeuten behandeln psychische Störungen (vgl. die Klassifikation nach ICD-10) von Erwachsenen. Sofern auch die Zusatzfachkunde für Kinder und Jugendliche erworben wurde, behandeln Psychologische Psychotherapeuten zusätzlich zu Erwachsenen auch Kinder und Jugendliche. Es handelt sich rechtlich um eine in Deutschland seit 1999 durch das Psychotherapeutengesetz geschützte Berufsbezeichnung, die eine staatliche Zulassung zur Ausübung der Heilkunde (Approbation) verlangt. Neben dem Psychotherapeutengesetz unterliegen die Psychologischen Psychotherapeuten den Heilberufsgesetzen der Länder, in Nordrhein-Westfalen etwa dem Heilberufgesetz Nordrhein-Westfalen.
Ausbildung
Um die Weiterbildung bundesweit gesetzlich regeln zu können, musste diese den Status „Ausbildung“ bekommen, da Weiterbildungen Ländersache sind. Für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten sind folgende psychotherapeutische Verfahren zugelassen: Psychoanalyse/analytische Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie, seit 2002 die Gesprächspsychotherapie und seit Dezember 2008 auch die Systemische Therapie. Geregelt wird die Ausbildung auf Basis des Psychotherapeutengesetzes in der „Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten“.
Während der Psychotherapie-Ausbildung führt der Auszubildende die Bezeichnung „Psychotherapeut in Ausbildung“ (PiA) und ist in seinem Status vergleichbar mit einem Assistenzarzt, der sich in der Facharzt-Weiterbildung befindet. Die Ausbildung kann als mind. dreijährige Vollzeit-Ausbildung oder als mind. fünfjährige berufsbegleitende Ausbildung absolviert werden. Beide Möglichkeiten gliedern sich für die Verfahren Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch-fundierte Therapie u. a. in: 600 Stunden Theorie; 1800 Stunden praktische Tätigkeit in eineinhalb Jahren, davon ein Jahr in einer Psychiatrischen Klinik, ein halbes Jahr in einer psychosomatischen Klinik, Psychiatrie oder in der Praxis eines Psychotherapeuten oder eines Facharztes für Psychotherapeutische Medizin; 120 Stunden Selbsterfahrung; 600 Stunden Patientenbehandlung in einer Ausbildungs-Instituts-Ambulanz oder in einer Lehrpraxis; 150 Stunden Supervision. Insgesamt werden 4200 Stunden in der mindestens drei (Vollzeit) oder mindestens fünf („Teilzeit“) Jahre dauernden Ausbildung absolviert. Für die analytische Psychotherapie sind mehr Leistungen zu erbringen: im Bereich der Selbsterfahrung (Lehranalyse) werden i. d. R. mehr als 300 Gesamtstunden erwartet. In Ausbildungen, die eine kombinierte Ausbildung von analytischer Psychotherapie und tiefenpsychologisch-fundierter Psychotherapie beinhalten, werden zusätzlich zu den genannten mehr als 300 Selbsterfahrungsstunden, im Bereich der Behandlungsstunden (mind. 1000 Stunden Patientenbehandlung) unter mind. 250 Stunden Kontrollanalyse (Supervision). Im Bereich der Psychoanalyse/analytischen Psychotherapie überschreiten die Anforderungen vieler Lehrinstitute die gesetzlich geforderten Mindestbestimmungen.
Der Unterschied zur Facharztausbildung bei Ärzten (ärztlicher Psychotherapeut) besteht in inhaltlichen und finanziellen Punkten. Während Psychologische Psychotherapeuten für ihre Weiterbildung zur Erlangung der Approbation verpflichtend 600 Stunden Theorie und insgesamt einen Ausbildungsumfang von 4000 bis 4200 Stunden vorweisen müssen, beträgt die Leistung ärztlicher Psychotherapeuten 100 Stunden Pflichttheorie mit einem Gesamtausbildungsumfang von 300 Stunden. Ein kritischer Punkt ist auch der finanzielle Status Psychologischer Psychotherapeuten in Ausbildung. Während Assistenzärzte nach Abschluss des Hochschulstudiums ein volles Assistenzarztgehalt beziehen, werden PiA während der Praktischen Tätigkeit größtenteils überhaupt nicht oder mit dem früheren Gehalt eines Arztes im Arzt im Praktikum (AiP) bezahlt. Die Leistungserbringung beider Professionen unterscheidet sich in der Praxis jedoch im Allgemeinen nicht. Eine Gleichstellung von Assistenzärzten und Psychologischen Psychotherapeuten in Ausbildung besteht in der Praxis daher meist nicht.
Kassenzulassung
Psychologische Psychotherapeuten, die in eigener Praxis arbeiten, haben oftmals auch eine Kassenzulassung, d. h. eine Behandlung durch sie wird (ggf. nach entsprechender Antragsstellung zur Kostenübernahme) von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Diese Zulassung kann nach der Approbation und dem Arztregistereintrag durch die Kassenärztliche Vereinigung erteilt werden. Auch für die psychologischen Psychotherapeuten gibt es eine Bedarfsplanung, die festlegt, wie viele Therapeuten sich in einem Bezirk niederlassen dürfen. Daher ist in vielen Bereichen eine freie Niederlassung nicht mehr möglich, mittlerweile ist es üblich, Kassenzulassungen von Kollegen abzukaufen, die in den Ruhestand gehen – ähnlich wie bei Ärzten.
Da Klienten im Durchschnitt drei Monate auf ein Erstgespräch mit einem Therapeuten und weitere drei Monate auf den Beginn ihrer Therapie warten müssen, sehen die psychotherapeutischen Verbände angesichts beständig zunehmender psychisch bedingter Fehltage (s. Verbreitung psychischer Störungen) eine Unterversorgung der Bevölkerung und fordern eine Anpassung der in ihren Augen willkürlichen Bedarfsplanung an die tatsächliche Morbidität. Im November 2011 wurde eine entsprechende Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht, die eine Neuberechnung der Verhältniszahlen von Psychotherapeut je Einwohner auf der Grundlage der tatsächlichen Häufigkeit von Krankheiten fordert.
Bei den gesetzlichen Krankenkassen gilt die Kostenübernahme nur für Behandlungen, die entsprechend der Psychotherapierichtlinie durchgeführt werden. Diese umfassen Behandlungs- und Antragsmodalitäten und die Einschränkung auf bislang die drei 1999 zugelassenen Therapieverfahren. Die Gesprächspsychotherapie sowie die Systemische Therapie werden dementsprechend von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt. Problematisch ist die Kostenübernahme durch die privaten Krankenversicherungen. Der Bundesgerichtshof verneint eine Deckungspflicht, solange die Allgemeinen Versicherungsbedingungen hierzu keine Regelung beinhalten. Die Gebühren der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind in der Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten (GOP) geregelt, die aus dem entsprechenden Kapitel der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) weitgehend unverändert übernommen wurden.
Abgrenzung zu anderen Psychotherapieverfahren
Es gibt eine Vielzahl von Schulen und Methoden der Psychotherapie, von denen einige nur noch historisch bedeutsam sind, aber kaum noch angewandt werden. Bei vielen Methoden handelt es sich um Weiterentwicklungen, Spezialisierungen oder Abspaltungen. Nicht alle Ansätze nehmen in Anspruch, zur Heilung psychischer Störungen beitragen zu können. Einige Methoden wurden nicht für die Psychotherapie konzipiert, sondern für Beratung oder als Selbsterfahrungstechnik. Die Rolle der einzelnen Methoden im Gesundheitswesen der deutschsprachigen Länder ist sehr unterschiedlich.
- (1) Hypnosetherapie: in Deutschland Einzelbehandlung für Erwachsene anerkannt, muss von einem Arzt oder einem Psychologischen Psychotherapeuten, der die Abrechnungsgenehmigung dafür hat, durchgeführt werden
- (2) Gesprächstherapie und Systemische Therapie: in Deutschland für Erwachsene anerkannt (nach Berufsrecht), wird allerdings von den Kassen noch nicht finanziert (nach Sozialrecht)
In Teilen der akademischen Psychotherapieforschung wird angestrebt Psychologische Therapie / Psychologische Psychotherapie als eine von Therapieschulen losgelöste Psychotherapieform zu etablieren, in der nach Gesichtspunkten der evidenz-basierten Medizin behandelt (und evaluiert) wird. Es wird also das angewendet, was bei einem bestimmten Störungsbild und unter Berücksichtigung der Situation des Patienten wissenschaftlich als am besten wirksam belegt angesehen werden muss (Grawe 1994). Kritiker weisen auf die Komplexität der therapeutischen Situation hin, die von der Forschung bisher nur ansatzweise erfasst wird.
Reform der Psychotherapieausbildung
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), eine Berufsstandesorganisation, beklagt einige Missstände in der Ausbildung, vor allem die häufig unbezahlt abzuleistenden Praktika, die er als Ausbeutung junger Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Ausbildung (KJPiA) sieht. Er kritisiert weiterhin, dass, obwohl die Ausbildung mit der fachärzlichen Ausbildung vergleichbar sein soll, Ärzte in der Weiterbildung ein volles Gehalt erhalten. Des Weiteren sei während der praktischen Ausbildung im Gegensatz zu der fachärztlichen Ausbildung kein kostenloser Unterricht vorgesehen. Der BDP vermutet, dass die Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Ausbildung (KJPiA) zwar vergleichbare Aufgaben eines Assistenzarztes übernehmen, jedoch nicht gleichberechtigt bezahlt werden.
Im Dezember 2008 wurde eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht, in der eine angemessene Vergütung für Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) gefordert wird. Die Petition ist in der parlamentarischen Prüfung.
Eine Regelung, welcher berufqualifizierende Abschluss (Bachelor oder Master) nach der Vollendung des Bologna-Prozesses als Grundqualifikation zugelassen werden soll, wird derzeit in der Politik diskutiert. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat ein Forschungsgutachten ausgeschrieben. Dieses soll die Basis für eine weitreichende Reform der Psychotherapeutenausbildung bilden. Auch steht die Frage im Raum (Stand 2008), ob Psychologische Psychotherapeuten zukünftig das Recht erhalten sollen, Psychopharmaka zu verordnen. In zwei Bundesstaaten der USA (Louisiana und New Mexico) hat sich das Verordnungsrecht für Psychologen bereits bewährt.
Das Bundesgesundheitsministerium ließ zur Beurteilung der Reformen ein „Forschungsgutachten zur Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten und zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten“ anfertigen, das bis Mai 2009 unter der Leitung von Bernhard Strauß (Professor für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena) fertiggestellt und vom Ministerium veröffentlicht wurde. Bereits im Januar 2009 wurden Vertretern von Psychotherapieverbänden, -organisationen und -fachgruppen Ergebnisse der Expertenbefragung, die im Rahmen der Erstellung des Forschungsgutachtens stattfand, präsentiert. Das endgültige Gutachten fußt auf Befragungen von derzeitigen Ausbildungsteilnehmern und Absolventen der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie von Ausbildern.
Im Ergebnis spricht sich z. B. auch die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung für eine sinnvolle Erweiterung der Kompetenzen von PP und KJP (Krankschreibung, Einweisung, Medikation) aus.
Im Februar 2009 wurde eine Petition eingereicht, damit das Profil approbierter Psychologischer Psychotherapeuten erweitert wird: Kompetenz zur Krankschreibung, Kompetenz zur Verordnung von Heilmitteln (Logopädie, Soziotherapie, Ergotherapie), Kompetenz zur Verordnung von Psychopharmaka, Kompetenz zur Einweisung in stationäre psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung und Überweisung zum Facharzt. Die Petition wurde im Oktober 2010 vom Bundestag an das Bundesministerium für Gesundheit überwiesen.
Situation in Österreich und der Schweiz
In Österreich und der Schweiz gibt es ebenfalls (psychologische) Psychotherapeuten, die sich auch auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen spezialisiert haben. Diese tragen jedoch nicht die deutsche Berufsbezeichnung. Außerdem gibt es in Österreich – anders als in den meisten anderen europäischen Ländern – neben dem Abschluss eines Hochschulstudiums (wie z. B. Psychologie, Medizin, Pädagogik) weitere Zugangsmöglichkeiten zur Psychotherapieausbildung in Form von Grundberufen (z. B. Sozialarbeiter, Lehrer an höheren Schulen, diplomierte Krankenpfleger). Aufgrund des breiten Zugangs erfolgt eine fachliche Grundausbildung im Rahmen des Psychotherapeutischen Propädeutikums vor der eigentlichen fachspezifischen Psychotherapieausbildung.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Psychologischer_Psychotherapeut